Round Table in Raabs

Nachbericht:
Österreich-Tschechien. Unser 20. Jahrhundert
Demokratie in Österreich und Tschechien
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den politischen Systemen Tschechiens und Österreichs standen im Mittelpunkt der von WALDVIERTEL AKADEMIE und Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung gemeinsam veranstalteten Diskussion im Rahmen des wissen-schaftlichen Begleitprogrammes zur NÖ Landesausstellung 2009 „Österreich.Tschechien. Geteilt-Getrennt-Vereint“ am 28 April 2009 mitten im prächtig neu renovierten Ausstellungsareal im Raabser Lindenhof.
Christian Stadler vom Institut für Rechtsphilosophie am Juridicum Wien zeichnete den Werdegang der österreichischen Verfassung nach dem großen Bruch des Zerfalls der Monarchie und der Gründung der Republik nach. Die Entstehung des Staates nach einem verlorenen Krieg ohne wirkliche Zustimmung durch große Teile der Bevölkerung erkläre, warum in Österreich die Republik und deren Verfassung im Gegensatz etwa zu Frankreich, aber auch Tschechien noch immer nicht als nicht als Wert an sich begriffen werde. Die österreichische Verfassung gibt nur den Rahmen, nicht aber Inhalte für das politische Handeln vor. „Hatten wir in der Ersten Republik mit der gleichen Verfassung extreme Konflikte, so erscheint die zweite schon fast zu Konsens-orientiert“, so Stadler. Bei peinlich genauem Festhalten am Prozedere werden viele Entscheidungen in den zwar außerparlamentarischen, aber deshalb nicht un-demokratischen Raum, wie etwa die Sozialpartnerschaft, ausgelagert.
Robert Schuster, Mitarbeiter des Prager Instituts für internationale Beziehungen, stellte das in Österreich relativ wenig bekannte politische System der Tschechischen Republik vor. Unter-schiede zu Österreich sieht er in der fehlenden Tradition der meisten tschechischen politischen Parteien, die nach der Samtenen Revolution 1989 genauso am „Reißbrett“ entstanden seien wie die Kreise, denen bei weitem nicht jene Macht und Bedeutung zukommt wie den österreichischen Bundesländern. Was beide Staaten verbindet, ist ein relativ stabiles System an politischen Parteien, aber auch Personal. Sowohl in Österreich als auch in Tschechien ersetzen teilweise die Grünen die fehlende liberale Partei der Mitte. Während sich der Protest in Österreich jedoch eher rechts artikuliert, wird dieser in Tschechien durch die relativ starke Kommunistische Partei ausgedrückt.
Die nächsten Parlamentswahlen im Herbst werden zeigen, ob die Karte des Antikommunismus, die von der bürgerlichen ODS mit Parteichef Topolanek ausgespielt wird, noch zieht, so Schuster. Erwartet wird ein Sieg der Sozialdemokraten, die allerdings einen Koalitionspartner brauchen werden.
Im Anschluss an die beiden Referenten wurden die politischen Systeme beider Länder noch mithilfe eines prominent besetzten Round-Tables diskutiert.
Die nächste und letzte Veranstaltung zum Begleitprogramm zur NÖ Landesausstellung 2009 findet am Dienstag, 26. Mai, 19 Uhr im Horner Gasthof Blie zum Thema „Zukunft – Chancen, Einschränkungen, Strategien“ statt.